Beschlussvorschlag: Sanktionsmoratorium JobCenter Herne

Ausschuss f. Soziales, Arbeit, Gesundheit & Senioren

Das Sozialgericht Gotha (15. Kammer) hat in einem aktuellen Urteil (Az: S 15 AS 5157/14) der Klage eines Hartz IV-Beziehers stattgegeben und die Sanktionen im Hartz IV System für verfassungswidrig erklärt. Die Klage wird nun an das Bundesverfassungsgericht geleitet.
Die Richter bezweifeln, dass die Sanktionen mit der im Artikel 1 festgeschriebenen Unantastbarkeit der Menschenwürde und der im Artikel 20 festgeschriebenen Sozialstaatlichkeit der Bundesrepublik vereinbar sind. Denn aus diesen Artikeln ergebe sich ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, das bei einer Kürzung oder kompletten Streichung des Arbeitslosengeldes II gefährdet sei. Außerdem stünden die Sanktionen im Widerspruch zu den Artikeln 2 und 12 des Grundgesetzes.
Mit diesem Urteil wird somit die berechtigte Frage aufgeworfen, ob die Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Schon jetzt können im Hinblick auf dieses Urteil Sanktionierte in Widerspruchsverfahren mit Verweis auf das Urteil von Gotha gehen und mindestens eine Aussetzung der Sanktion einfordern, bis das Bundesverfassungsgericht ein entsprechendes Urteil gefällt hat. Da davon auszugehen ist, dass

  • Sanktionierte nicht immer über diese konkrete Möglichkeit vollumfänglich informiert sind und
  • Sanktionierte nicht immer den nötigen Rechtsbeistand haben, ihr Recht auch praktisch einzufordern
  • es in jedem Fall in ihrem Interesse ist, das soziokulturelle Existenzminimum nicht zu kürzen

ist es sowohl unter humanitären als auch praktischen Gesichtspunkten dringend angezeigt, nicht auf jeden Widerspruchsfall zu warten, sondern von den Möglichkeiten Gebrauch zu machen, die die bestehenden Sanktionen auszusetzen. Es wäre außerdem unverantwortlich, mit der beklagten Praxis fortzufahren als sei nichts geschehen. Ein Verweis auf die noch laufende Praxis der Bundesagentur für Arbeit hieße die Verantwortung für kommunales Handeln von sich zu schieben.

Deshalb fordern wir:
1. Das JobCenter Herne wird aufgefordert, bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes und in Anbetracht der derzeitigen, nicht gegebenen Verfassungsmäßigkeit alle aktuellen Sanktionen auszusetzen.
2. Das JobcenterHerne wird aufgefordert, bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes keine neuen Sanktionen zu verhängen.
3. Alle vorhandenen Ermessensspielräume sollen zur Umsetzung von 1. und 2. genutzt und gleichzeitig die neuen Kapazitäten zur Verstärkung von Vermittlungen benutzt werden.