Redebeitrag zur Einbringung des Antrags: Umgang der HCR mit Schwarzfahrenden

Veronika Buszewski, Rat der Stadt

Herr Oberbürgermeister, liebe Ratskolleginnen und -kollegen, sehr verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal und an den Bildschirmen,

In der Sitzung des Ausschusses für Digitales, Infrastruktur und Mobilität vom 14. November 2024 wurde auf Anfrage der Linken bekannt, dass die HCR 2023 in insgesamt 117 Fällen Strafanzeige wegen „Erschleichen von Beförderungsleistungen“ gestellt hat. 

Häufig ist der Ablauf wie folgt: Menschen können sich aufgrund ihrer Armut kein Ticket leisten und werden deshalb bei Mehrfachtat wegen Erschleichens von Beförderungsleistungen angezeigt (§ 265a StGB). Im Strafverfahren wird dann eine Geldstrafe verhängt.

Wer die nicht zahlen kann, kommt für bis zu einem Jahr hinter Gitter und kostet den Staat rund 200 € pro Tag.

Am Ende landen sie wegen ihrer Armut im Gefängnis. Besonders betroffen sind dabei oft Erwerbslose, Wohnungslose und Suchtkranke.

Diese Menschen können nichts zahlen, weil sie kaum etwas haben. Und wenn sie wieder aus dem Knast kommen, haben sie oft gar nichts mehr. Wohnung weg, Bekannte weg, der geliebte Begleithund weg.

Nicole Bögelein, Kriminologin an der Universität Köln sowie zahlreiche andere JuristInnen fordern deshalb auch, dass Schwarzfahren zu entkriminalisieren.

Die gescheiterte Ampelregierung plante eine Reform, die vorsah, dass Erschleichen von Beförderungsleistungen künftig wie z.B. auch Falschparken nur noch als eine Ordnungswidrigkeit geahndet würde. Diese wichtige Reform, die tausende Menschen jährlich vor einer Ersatzfreiheitsstrafe bewahrt hätte, verzögert sich nun durch die Neuwahlen auf unbestimmte Zeit. 

Deshalb sollten wir als Kommune jetzt die Initiative ergreifen und das Problem direkt vor Ort lösen. Einerseits würden wir die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler um die Kosten unnützer Gerichtsverfahren und Ersatzfreiheitsstrafen entlasten. Andererseits könnten wir vermeiden, über 100 Herner:innen, die oft bereits wirtschaftlich stark belastet sind, noch weiter in Schwierigkeiten zu bringen. So können wir vermeiden, dass einige Menschen in Herne allein aufgrund von Armut ins Gefängnis geraten.

Viele Städte Städte haben es uns bereits vorgemacht, z.B. Bremerhaven, Karlsruhe, Mainz, Wiesbaden, Köln, Düsseldorf, Münster, Bremen, Halle, Dresden und Potsdam.

Und ist das für eine Einladung zu noch intensiverem Missbrauch?

„Zumindest in Münster ist die Zahl der Schwarzfahrenden nicht gestiegen, seitdem keine Anzeigen mehr erstattet werden“, so Florian Adler, Sprecher der Stadtwerke Münster

Wir als Stadt Herne könnten und sollten nachziehen.

Armut ist keine Straftat!

 


Veronika Buszewski, Redebeitrag zur Einbringung des Antrags: Umgang der HCR mit Schwarzfahrenden, Rat der Stadt Herne am 18. Februar 2025

Verwandte Nachrichten