Haushaltsrede Veronika Buszewski

Ausschuss f. Finanzen, Beteiligungen & Immobilien
Ausschuss für Finanzen, Beteiligungen und ImmobilienRat der StadtReden

Sehr geehrte Damen und Herren, nun haben wir ihn erneut, zum zweiten oder dritten Mal hintereinander: Einen „genehmigungsfähigen“ Haushalt mit einer schwarzen Null als Ergebnis.. Einen sogenannten „ausgeglichenen“ Haushalt, in dem die Stadt Herne genau soviel einnimmt wie sie ausgibt.

Viele Menschen fragen sich: Wie ist das möglich angesichts der Pandemie mit all seinen auch negativen finanziellen Auswirkungen (Einbruch bei den Gewerbesteuereinnahmen, erhöhte Personalkosten im Gesundheitsbereich……).

Ganz ehrlich?

Sie fragen sich das zu Recht.

Und wir geben auch gerne eine Antwort darauf: Durch Tricks!

Die 26 Millionen Mehrausgaben bzw. Mindereinnahmen wegen der Corona-Pandemie werden sowohl auf der Ausgaben als auch bei der Einnahmenseite gebucht!

So einfach ist es, einen ausgeglichene Haushalt darzustellen! 26 Millionen Mehrausgaben – was solls! Nehmen wir 26 Millionen mehr Kredite auf und schwuppdiwupp hat unser Haushalt eine schwarze null.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir verraten ihnen mal ein Geheimnis: Wir finden das richtig!

Eine Gesellschaft, die nicht bereit ist, Hilfe für Einzelne in Notsituationen zu finanzieren, wäre keine solidarische Gesellschaft, wie wir uns diese vorstellen!

Eine Kommune, die entweder nicht bereit ist oder der die Möglichkeiit genommen wird, für eine für alle lebenswerte Stadt zu sorgen, wäre keine Stadt, in der Menschen dauerhaft leben wollen!

Wie gesagt: Wir finden das das richtig.

Wir finden das nicht nur angesichts der Pandemie, sondern generell richtig: Schulden aufzunehmen, um in die Zukunft zu investieren! Denn Schulden sind nicht perse was schlimmes!

„Schulden“, die ein Staat, ein Land, eine Kommune aufnehmen, um Werte wie z.B. Krankenhäuser, soziale und kulturelle Einrichtungen zu schaffen als auch Hilfsangebote für die, die Hilfe benötigen, anzubieten und sicher zu stellen, sollten unserem Verständnis nach auch nicht als Schulden bezeichnet werden, sondern als Investitionen!

Wir fragen uns aber: Warum nicht immer so? Warum halten immer noch die Parteien, die in Herne die große Ratskooperation stellen, generell an der schwarzen null für alle öffentlichen Haushalte fest? Warum führen sie unisono mit FDP und Wirtschaftsverbändne immer noch die Scheindiskussion über „Schulden“ als Belastung für die jüngere Generation und bauen einen Generationenpopanz auf, der nicht real ist?

Wir sagen es Ihnen: Weil sie dann feststellen müssten, dass vieles, was wir LINKE schon immer gefordert haben, richtig ist.

Nachzulesen am aktuellen Haushaltsplanentwurf der Stadt Herne.

Beispiel Investitionen

  • Ausbau der Kita-Betreuung, besonders im U3 Bereich: Vor ungefähr 10 Jahren wurde erstmals seitens der Verwaltung „eruiert“, wie hoch der Bedarf an U3 Betreuungsplätze sei.

Feststellung: 30%. Mit dem Zusatz, dass man Bedarf auch wecken kann! Schon damals haben wir gesagt, dass weder die errechneten Bedarfe stimmig sind, als auch, dass ein Rechtsanspruch ein Rechtsanspruch bleibt, auch wenn nicht genügend Plätze vorhanden sind! Wurden damals wirkliche Investitionen getätigt? Nein!

  • Beispiel Umwelt: Dass der schonende Umgang mit der Natur eine gesamtgesellschaftliche und damit auch kommunale Aufgabe ist, ist allein seit Jahren bekannt. Darin zu investieren ist in die Zukunft zu investieren. Das sagen nicht nur wir schon seit Jahren!

Doch was passiert in Herne außer schöne Reden pro Umweltschutz? Fast Nix!

Förderung von Solardächern? Immerhin wurde durch kommunale Unterstützung in Herne fünf (oder waren es sieben?) neue Solardächer auf Privathäusern installiert. Fünf! Unsere Forderung nach einem Solardachprogramm und der Verpflichtung zur Ausstattung neuer Gebäude mit Solarenergie wurde dagegen abgelehnt.

Ausbau des Fahrradnetzes: Fehlanzeige! Die von uns unterstützen berechtigte Maßnahmen zum Ausbau der Stadt Herne zu einer wirklichen Fahrradfreundlichen Stadt werden seitens SPD und CDU einfach beiseite geschoben.

Selbst die aktuelle Umwidmung der Bochumer Straße zu einer Fahrradstraße wird auf Wunsch der SPD konterkariert, in dem nun alle Autos weiterhin diese Fahrradstraße befahren dürfen!

Jetzt könnte man natürlich meinen, dass ein Umdenken stattgefunden hat. Wenn schon selbst SPD und CDU im Bund in dieser Corona bedingten Notsituation immerhin einmalig auf das Credo der schwarzen Null verzichtet. Doch was passiert in Herne?

Fast nix!

Gut: Es gibt Investitionen im Bereich Kindertagesstätten. Aber auch dieses Investitionen werden bei weitem nicht ausreichend sein, da immer noch davon ausgegangen wird, dass die Bedarfe bei 60% der U3 Betreuung liegen. Wird alles wirklich so gebaut, wie geplant, werden diese 60%  nicht erreicht werden.

Doch eine Förderung von Null-Energiehäusern?

Der Ausbau des ÖPNV-Netzes inkl. Umbau von Straßen zu Gunsten von Rad- und Fußgängerverkehr und ÖPNV?

Nichts davon ist im HH zu finden!

Erst recht nichts von gesamtstädtischen Investitionen in die Bausubstanz von sozialen oder kulturellen Einrichtungen!

Was wir statt eines Konzeptes zur Bekämpfung von Armut und Ungleichheit und für eine Klima gerechte und soziale Stadtentwicklung finden: Sogenannte Leuchtturmprojekte wie das ITW auf dem Gelände der Zeche Blumenthal oder das Gigantomanie-Projekt der Fakt-AG, dazu ein gegen Null tendierendes Interesse an echter Bürgerbeteiligung.

Was im HH-Entwurf 2021 aber ebenso fehlt: Genügend Personal, damit die Verwaltung ihren Aufgaben gerecht werden kann. Denn auch das ist eine Investition in die Zukunft.

Um es zu verdeutlichen, auch wenn es vielleicht nur Kleinigkeiten sind:

  • Die Stadtverwaltung schafft es mangels Personal bis heute nicht, die Verursacher von „wilden“ Müllkippen zu ermitteln. Das sagen nicht nur wir, sondern das stellt hochoffiziell das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Herne fest!
  • Noch in der letzten Sitzung des Finanzausschusses musste die Verwaltung eingestehen, dass die Umsetzung des Digital-Paktes daran scheitert, dass einfach zu wenig Personal vorhanden ist.
  • Ebenso musste die Verwaltung eingestehen, dass die personelle Situation nicht ausreichend ist, um allein die gesetzliche Aufgabe der Medien übergreifenden Umweltinspektionen durchzuführen.

Und auch die Belastung der vorhanden Mitarbeiterinnen in einzelnen Fachämtern (Jugendamt, Sozialamt, KfZ-Zulassung) sind immens groß und können nur beseitigt werden, wenn mehr Personal eingestellt wird!

Ist das irgendwann in Herne vorgesehen? Nein!

Zeigt die große Ratskooperation irgendwelche Initiativen? Nein!

Wir halten mal zugute, dass erhöhte Ausgaben im Bereich Personal in der Regel nicht über „Schuldenaufnahme“ zugunsten von Investitionen abgedeckt werden können und sollen!

Es sind aber Aufgaben, die gemacht werden müssen!

 

Darum bleibt unsere jahrelange Forderung nach einer soliden Grundfinanzierung der Stadt Herne aktueller denn je. Das schafft die Stadt Herne nicht von sich aus. Dazu braucht es Hilfen von Bund und Land.

Zum Beispiel durch

- strikte Anwendung des Konnexitätsprinzips

- konsequente Weitergabe von Bundesmitteln über das Land an die Kommunen

- Altschuldenfonds/Lösung des Altschuldenproblematik

- Vermögensabgabe

- Reichensteuer

- Lastenausgleichsfonds

- Steuerrechtsänderungen

- Erhöhung der Verbundmasse

Sie werden sich fragen, was hat das mit der heutigen Verabschiedung des Haushaltes zu tun?

Sehr viel: Seit Jahrzehnten verbringen wir nun in der Schuldenfalle – Darstellbarkeit hin oder her – und auch der Kämmerer sieht das ja auch nicht anders.

Trotzdem verabschieden wir jedes Jahr  einen Haushalt, von dem hier alle wissen, dass er unsere finanzielle Situation haushalterisch darstellbar macht, aber eine negative Eigenkapitalsquote aufweist, Ende offen.

Und das mit der Mehrheit der rot-schwarzen Kooperation, zwei Parteien, die in Bund und Land Verantwortung tragen. zwei Parteien in Herne, die Abgeordnete in Land- und Bundestag senden!

 Wie lange soll das noch so weiter  gehen?

Wir sagen: Es reicht. Lösungen sind möglich! Finanzierbar, Klimaneutral. Sozial

So lange wie wir aber darstellbare genehmigungsfähige Haushalte verabschieden, wird sich an der Misere der weiter auseinander klaffenden Gesellschaft auch in dieser Stadt kaum etwas enden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

aufgrund der Ausführungen versteht sich von selbst, dass wir diesen Haushaltsplanentwurf ablehnen.