Redebeitrag zur gemeinsamen Resolution zur auskömmlichen Finanzierung der Kommunen

Veronika Buszewski

Herr Oberbürgermeister, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer und Zuschauerinnen auf der Tribüne als auch an den Bildschirmen!

Wir erinnern uns: Die Linke hatte bereits in der Ratssitzung vom 28.11.2023 den ersten Aufschlag für eine Resolution zum Thema Kommunalfinanzen gemacht.

Damals zogen wir sie zurück, nachdem uns von Seiten der Mehrheitsfraktionen  signalisiert wurde, dass sie diese so nicht mittragen könnten, aber an einer gemeinsamen Resolution zum Thema durchaus interessiert seien.

Nun, was lange wärt, wird manchmal dann auch gut…

Heute, fast 5 Monate später, ist es endlich soweit und wir freuen uns, dass sich alle demokratischen Fraktionen und Gruppen hinter diesen Antrag stellen.

Uns allen ist gemein, dass wir die Kommunalpolitik als Herzkammer der Demokratie sehen.     

Hier ist es, wo öffentliche Daseinsvorsorge stattfindet: Kommunalpolitik entscheidet, wo wir unsere Kinder in den Kindergarten schicken, ob der Bus morgens früh zur Arbeit pünktlich kommt und wo wir konkret im Alter mit hoffentlich guter Pflege leben.

Auch sind die Kommunen der Ort, wo Menschen Demokratie erleben können, wo sie selbst-wirksam sein können: Ob sie nun eine Bürgerinitiative gründen, dem Bürgermeister einen Brief schreiben oder sich direkt nachbarschaftlich engagieren: Hier ist der Ort, wo Gesellschaft gestaltet wird.

Leider müssen wir aber feststellen, dass unsere Kommunen schwer erkrankt sind und die Krankheit heißt Unterfinanzierung. Der Neoliberalismus der letzten drei Jahrzehnte mit seinen Privatisierungsorgien und vom Spar-Diktat getriebenen Pfennigfuchsereien hat die Axt am Gemeinwohl angelegt.

In Herne können wir das an vielen Punkten sehen, ich will sie hier nicht alle aufzählen, denn das würde dauern.

Aber nehmen wir zum Beispiel  die Zahl der Sozialwohnungen: In den nächsten Jahren werden im Durchschnitt über 200 Wohnungen jährlich aus der sozialen Bindung fallen; neu hereinkommen werden aber nur ein Bruchteil davon. Früher war der soziale Wohnungsbau und insbesondere auch der Kommunale Wohnungsbau das Rückgrat eines bezahlbaren und guten Wohnungsmarktes, heute ist der soziale Wohnungsbau dagegen nur noch eine Randerscheinung in einem Wohnungsmarkt, den man profitorientierten Investoren überlässt oder soll ich sagen, überlassen muss?

Der Blick auf unseren Kommunalhaushalt allgemein lässt einem die Gänsehaut kommen. Auf die Zahlen kann man leider nicht aus einer Perspektive schauen, wo man sich überlegt, wie man das Geld effektiv nutzen kann.

Nein, statt zu gestalten, geht es leider nur darum, das finanzielle Elend zu managen und sich als Kommune irgendwie über Wasser zu halten.

Dabei müssten wir jetzt gerade eigentlich kräftig investieren: Zahlen des KfW-Kommunalpanels zeigen, dass der Investitionsstau in den Kommunen deutschlandweit über 150 Milliarden beträgt. Und hierbei handelt es sich nur um Investitionen, die dazu nötig wären, vorhandene Infrastruktur zu erhalten und nicht verkümmern zu lassen. Dabei sind noch gar nicht die Investitionen in Zukunftsthemen wie  Umwelt- und Klimaschutz, bezahlbarer Wohnraum oder Digitalisierung drin. Und erst recht fehlen hier auch die Gelder für Soziales, die nötig wären, um wirklich allen ein gutes Leben zu ermöglichen.

Es gibt keine ausreichende Finanzierung der Kommunen, stattdessen werden wir mit zweckgebundenen Fördertöpfen hingehalten.

An sich spricht ja erst mal nichts dagegen, für bestimmte Projekte Fördermittel an Kommunen auszuteilen, um bestimmte Projekte voranzutreiben. Die ausufernde „Förderitis“ ist aber in der Form für die Kommunen eine Zumutung. Die Förderrichtlinien sind häufig viel zu eng gefasst, mit einem enormen bürokratischen Aufwand verbunden und binden mit diesem kommunale Kräfte, die woanders besser eingesetzt wären.

Und wenn eine Kommune zu arm ist oder den bürokratischen Aufwand nicht schafft, gibt es eben kein Geld. Das Prinzip ist also: Wer hat, dem wird mehr gegeben. Ein Beispiel für den Irrsinn konnten wir erst kürzlich beim Stärkungspakt NRW erleben, wo wir am Ende über 200.000 Euro nicht ausgeben konnten und zurück nach Düsseldorf schicken mussten. Mit dem Geld hätten wir in Herne so vielen Menschen helfen können!

Den folgenden Punkt kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen.

Aber warum kommt so wenig Geld in den Kommunen an?

Die Ursache für den Investitionsstau ist die so genannte Schuldenbremse, oder wie man sie besser nennen sollte: Investitionsbremse. Während sich fast alle Ökonominnen gegen diese zukunftsfeindliche Investitionsbremse aussprechen und selbst schon der hessische Ministerpräsident Boris Rhein von der CDU als auch Teile der SPD im Bund zumindest über eine Reform dieser sprechen möchten, tanzt die Bundespolitik  insgesamt immer noch um dieses goldene Kalb und ignoriert dabei jede realpolitische Realität.

Die Resolution, die wir hier und heute verabschieden, zeigt eine Lösung für eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen  auf: Was wichtig für unsere Stadt ist, weiß man eben nicht in irgendeinem Ministerium in Düsseldorf oder Berlin. Nein, das wissen wir hier vor Ort am besten! Statt immer mehr Bürokratie für immer mehr Förderprogramme, brauchen wir kommunale Selbstverwaltung und ein Budget, mit dem wir die Herausforderungen in unserer Stadt selbst in die Hand nehmen und lösen können. Demokratie vor Ort statt Bürokratie in Düsseldorf und Berlin!

Zu guter Letzt möchte ich den Blick lenken auf das, was uns erwarten kann, wenn der Bund und das Land NRW uns bei diesen Fragen im Stich lassen.

Gerade dort, wo die öffentliche Daseinsvorsorge nicht mehr richtig funktioniert, hat es die in Teilen faschistische AFD besonders leicht. Sie nutzen den (berechtigten) Unmut der Bevölkerung, um Hass zu schüren und die Demokratie zu untergraben.

Gerade in armen Ruhrgebietsstädten wie Herne oder Gelsenkirchen, wo die öffentliche Daseinsvorsorge unter Druck gerät und Armut sich immer weiter ausbreitet, haben Demokratiefeinde Hochburgen. Wenn wir nicht in einem dunklen Deutschland aufwachen wollen, sondern stattdessen unsere Demokratie stärken und Gemeinwohl schaffen wollen, dann müssen wir die Kommunen stärken. Es braucht dafür aber eben Druck! Druck auf Berlin! Druck auf Düsseldorf!

Es freut uns, dass die demokratischen Fraktionen und Gruppen hier einer Meinung sind und die Interessen der Stadt Herne und ihrer Einwohnerinnen gemeinsam offensiv nach außen vertreten!

Glück auf!


Redebeitrag Veronika Buszewski zum gemeinsamen Antrag von SPD, CDU, GRÜNE, Die Linke, FDP und Piraten "Für die Handlungsfähigkeit der Kommunen – auskömmliche Kommunalfinanzen"  im Rat der Stadt Herne am 23. April 2024